Erbrecht

Die unangenehme Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit

Laut einer Statistik verfügen nur 20-25 % der Deutschen über ein Testament. Das liegt vermutlich daran, dass das Nachdenken über die Folgen des eigenen Todes nicht zu den schönen Dingen des Lebens gehört. Vorsorge tut jedoch Not. Besonders dann, wenn eine Ehe scheitert. Durch die Trennung alleine wird das gesetzliche Ehegattenerbrecht nicht beeinflusst. Ebenso wenig verlieren letztwillige Verfügungen oder andere Willenserklärungen zu Gunsten des anderen Ehegatten automatisch ihre Wirksamkeit. Möchte man nicht, dass der getrenntlebende Ehegatte Erbe wird oder von begünstigenden Verfügungen oder Vollmachten profitiert, müssen Regelungen getroffen werden. Gleiches gilt, wenn der geschiedene Ehegatte nicht das geerbte Vermögen der gemeinsamen, minderjährigen Kinder verwalten soll.

Wir beraten Sie zu den wichtigsten Schnittstellen zwischen Familien- und Erbrecht und den erforderlichen Maßnahmen im Fall einer Trennung und Scheidung:

Sachverhaltsaufklärung

Zunächst müssen folgende Sachverhalte aufgeklärt werden:

  • Existiert ein eigenhändiges Testament zu Gunsten des anderen Ehegatten?
  • Liegt ein notarielles Testament vor?
  • Existiert ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten?
  • Liegt ein unwiderruflicher Ehegattenerbvertrag vor?
  • Haben die Eheleute einen Erbvertrag mit Widerrufs- bzw. Rücktrittsvorbehalt geschlossen?
  • Haben sich die Ehegatten wechselseitig in Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen als Bevollmächtigte eingesetzt?
  • Existieren nur einseitige Vorsorgeverfügungen?
  • Wurden Bankvollmachten als transmortale oder als postmortale Vollmachten erteilt?
  • Sind spezielle Vollmachten bekannt, z.B. nur für bestimmte Konten, Depots oder für ein besonderes Bankschließfach?
  • Hat einer der Ehegatten mit einer Lebensversicherung einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall geschlossen und dem Ehegatten ein (widerrufliches oder unwiderrufliches) Bezugsrecht zugewendet?
Maßnahmen

Im nächsten Schritt ist über mögliche Maßnahmen zu entscheiden:

  • Widerruf des eigenen Testaments
  • Widerruf eines gemeinsamen Testaments
  • Rücktritt vom Erbvertrag
  • Anfechtung des Erbvertrags
  • Unwirksamkeit von Testament und Erbvertrag wegen Scheidung
  • Einvernehmlicher Erb- und Pflichtteilsverzicht
  • Pflichtteilsentziehung durch Testament
  • Widerruf von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
  • Änderung des Bezugsrechts in Lebens- oder Rentenversicherungen
  • Erbrechtliche Regelungen zu Gunsten von Kindern im Rahmen von Scheidungsvereinbarungen
Besonderheiten bei gemeinsamen Kindern

Nach einer Scheidung besteht in der Regel das gemeinsame Sorgerecht für die aus der Ehe hervorgegangenen, minderjährigen Kinder fort. Das Sorgerecht umfasst zum einen die elterliche Sorge für die Person des Kindes, zum anderen die Sorge für sein Vermögen. Verstirbt nun ein Elternteil, steht die alleinige Sorge dem geschiedenen Elternteil zu. Dieser Elternteil ist demnach berechtigt, das Vermögen der Kinder zu verwalten. Erfahrungsgemäß wird nach einer Scheidung dem anderen Elternteil selten zugetraut, die Vermögensverwaltung sachgerecht und im Sinne auch des verstorbenen Elternteils durchzuführen. Dies gilt besonders dann, wenn der geschiedene Ehegatte eine neue Ehe eingegangen ist, aus der weitere Kinder hervorgegangen sind. Vielfach besteht die Befürchtung, dass das Vermögen samt Erträgen nicht mehr uneingeschränkt den eigenen Kindern zugutekommt.

Zwar sieht das Gesetz gewisse Kontrollmechanismen bei der Verwaltung von geerbtem oder geschenktem Kindesvermögen vor:

  • Der sorgeberechtigte Elternteil muss über das seiner Verwaltung unterliegende Kindesvermögen ein Vermögensverzeichnis erstellen und beim Familiengericht einreichen. Dies gilt aber zum Beispiel nicht, wenn der Wert des Vermögenserwerbs 15.000 € nicht übersteigt (§ 1640 BGB).

  • Rechtsgeschäfte, mit denen das minderjährige Kinde verpflichtet wird, unterliegen der Genehmigung des Familiengerichts.

Dennoch bestehen Möglichkeiten der Vermögensnutzung.

  • Für erforderliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung der Personensorge oder der Vermögenssorge kann vom Kind Ersatz verlangt werden (§ 1648 BGB). Dies soll nur dann nicht gelten, wenn es sich um Aufwendungen handelt, die der Unterhaltspflicht der Eltern unterfallen. Die Abgrenzung ist unter Umständen schwierig.

  • Erträge aus dem Kindesvermögen sind für den Unterhalt des Kindes und zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens zu verwenden. Werden sie dafür nicht benötigt, kann der sorgeberechtigte Elternteil diese Erträge auch für den eigenen Unterhalt oder den Unterhalt der minderjährigen, unverheirateten Geschwister des Kindes verwenden (§ 1649 BGB).

  • Hat ein Elternteil während der Minderjährigkeit des Kindes dem Kind eine Ausstattung gewährt, gilt im Zweifel der gesetzliche Grundsatz, dass die Bezahlung der Ausstattung aus dem Kindesvermögen erfolgt ist (§ 1625 BGB). Endet mit Volljährigkeit des Kindes die Vermögenssorge, ist das Vermögen herauszugeben. Die Aufwendungen für die Ausstattung können in Abzug gebracht werden.

  • Macht ein volljähriges, zum elterlichen Hausstand gehörendes Kind zur Bestreitung der Kosten dieses Haushalts aus seinem Vermögen eine Aufwendung oder überlässt es den Eltern zu diesem Zweck etwas aus seinem Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass keine Erstattung verlangt wird (§ 1620 BGB).

Mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes endet in der Regel die elterliche Vermögenssorge. Das Kindesvermögen ist an das volljährige Kind herauszugeben. Nur auf Verlangen des Kindes ist über die Vermögensverwaltung Rechenschaft abzulegen (§ 1698 BGB). Über die Nutzung des Kindesvermögens braucht ein Elternteil nur insoweit Rechenschaft ablegen, als Grund zu der Annahme besteht, dass die Erträge unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 1649 BGB verwendet wurden.

Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich vorzustellen, dass ein Kind bei Eintritt der Volljährigkeit moralische Bedenken haben dürfte, gegen einen Elternteil wegen unsachgemäßer Vermögensverwaltung oder Nutzung seines Vermögens vorzugehen. Dies vor allem dann, wenn sich das Kind noch in der Ausbildung befindet und im Haushalt dieses Elternteils lebt. Die gesetzlichen Vorschriften alleine bieten also keinen ausreichend Schutz.

Kinder erben nicht nur von dem vorverstorbenen Elternteil, sondern häufig aufgrund testamentarischer Verfügungen auch von Großeltern oder sonstigen Verwandten. Ebenso erfolgen finanzielle Zuwendungen zu Lebzeiten. Möchte man sicherstellen, dass solches Vermögen nach einer Scheidung nicht vom geschiedenen Ehegatten verwaltet wird, kann die Vermögenssorge durch letztwillige Verfügung bzw. Bestimmung des Schenkers entsprechend beschränkt werden. Zusätzlich kann eine Testamentsvollstreckung zum Beispiel auch über die Volljährigkeit des Kindes hinaus angeordnet werden.

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Dorothea Mast, ist Ihre Ansprechpartnerin für testamentarische Regelungen im Fall der Trennung und Scheidung.

Teilungsversteigerung im Erbrecht

Nach einem Bericht der Welt vom 15.6.2011 sollen bis zum Jahre 2020 2,6 Billionen Euro in Deutschland an Vermögen vererbt werden. Zum großen Teil besteht dieses Vermögen aus Immobilien. Erbrechtliche Verfügungen über die Verteilung der Grundstücke werden oftmals nicht getroffen. Vielfach wird in vermeintlich gutem Glauben gehofft, dass die Kinder die Tradition der Eltern fortsetzen und das Eigenheim, in dem ja auch die Kinder groß geworden sind, schon nicht veräußern werden. Gravierende Gesichtspunkte werden dabei aber übersehen:

  • Sind mehrere Erben vorhanden, werden sicherlich nicht all diese mit ihren Familien später unter einem Dach zusammenwohnen. Sofern keine Regelung über die Aufteilung erfolgt (wer bekommt wann und zu welchem Preis die Immobilie?), gerät spätestens die beabsichtigte Übertragung des Hauses auf einen der Beteiligten mit den dann notwendigen Ausgleichszahlungen zum Fiasko.
  • Zum anderen kann die Interessenlage aus den verschiedensten familiären Gründen so liegen, dass zumindest ein Erbe die Tradition hochhalten, der oder die anderen indes liebend gerne das Objekt versilbern möchten.

Auch bei Mehrfamilienhäusern sind Erbengemeinschaften i.d.R. eine denkbar schlechte erbrechtliche Lösung. Gerade bei diesen können die Interessengegensätze besonders groß sein. So will der eine Inhaber – unter Umständen vor allem aus steuerlichen Gesichtspunkten – Investitionen tätigen, um so auch die Werthaltigkeit der Immobilie zu erhöhen. Der andere Miterbe ist aber - vielleicht schon aus finanziellen Gründen - möglichst darauf aus, eine hohe Rendite zu erzielen. Solche auf Zank und Streit ausgelegte Gesamthandsgemeinschaften - eine solche ist die Erbengemeinschaft – könnte der Erblasser auf verschiedenste Weise verhindern. Zum einen könnte er z.B. Teilungsanordnungen treffen, indem die verschiedenen Immobilien -u.U. mit Ausgleichszahlungen bei unterschiedlichen Werten - entsprechend aufgeteilt werden. Zum anderen könnte er einen der Abkömmlinge zum Alleinerben einsetzen. Gleichzeitig muss dann eine Regelung getroffen werden, wie eine Kompensation für die anderen Erben auszusehen hat.

Die Praxis zeigt allerdings, dass vielfach überhaupt keine Verfügungen getroffen werden. Die Erben befinden sich nunmehr in einem Zwangsverbund ( = Gesamtshandsgemeinschaft). Der absehbare Streit ist vorprogrammiert. Keine der Erben hat das Recht, einen freihändigen Verkauf zu verlangen. Keiner kann fordern, dass eine Aufteilung der Immobilie (z.B. in gleiche Eigentumswohnungen u.U. sogar mit Wertausgleich) vorgenommen wird. Der letzte Weg, die unliebsam gewordene Gesamthandsgemeinschaft aufzulösen, ist die Teilungsversteigerung. Auf diese Weise wird der unteilbare Gegenstand (Immobilie) in einen teilbaren (Geld) umgesetzt. Der Erlös fließt in die Erbmasse. Er muss im Zuge der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft später verteilt werden.

 

Dr. Kogel & Mast - Familienanwälte Aachen
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